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UNAIDS Exekutivdirektorin Winnie Byanyima zu Besuch

UNAIDS-Exekutivdirektorin Winnie Byanyima zu Besuch in der Berliner Aids-Hilfe: „Include Uninsured & Undocumented People with HIV: Treatment & Care for All!“

Winnie Byanyima, Exekutivdirektorin von UNAIDS und zugleich Untergeneralsekrätärin der Vereinten Nationen, besuchte am 18. Oktober das Café Ulrichs der Berliner Aids-Hilfe. In Gesprächen mit Akteur*innen aus Deutschland und verschiedenen europäischen und afrikanischen Ländern informierte sich Winnie Byanyima über deren aktuelle Situation vor Ort und in ihren Herkunftsländern.

Schwerpunkte der Gespräche bildeten die Situation Geflüchteter aus der Ukraine; Drogengebrauchende Aktivist*innen aus Belarus, der Ukraine und Russland; Aktivist*innen aus Uganda und Erfahrungsberichte aus den migrantischen Selbsthilfegruppen der Berliner Aids-Hilfe sowie die Themen Prävention und Gesundheitsförderung.

Mehr als 100 Ukrainer*innen schlossen sich nach Ausbruch des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine in Deutschland zu PlusUkrDe zusammen und unterstützen sich seitdem gegenseitig. Die Gruppe besteht dabei nicht nur aus Menschen mit HIV sondern aus vielen Expert*innen aus HIV-Versorgungsstrukturen, die insbesondere die Ostukraine auf Grund des Krieges fluchtartig verlassen mussten. Mittlerweile hat sich PlusUkrDe als Verein gegründet, der Menschen mit HIV, aus der LGBTIQ*-Community, Sexarbeiter*innen, Drogengebrauchenden, Frauen, Jugendlichen und Kindern mit HIV und Anderen beratend zur Seite steht. Die größten Herausforderungen bestehen derzeit in der Überwindung von Stigmatisierung und Sprachbarrieren, einem festen Aufenthaltsort und der Vernetzung mit deutschen Organisationen nach dem Vorbild der Zusammenarbeit mit der Berliner Aids-Hilfe. Der Verein geht davon aus, dass in Deutschland derzeit rund 6.000 bis 8.000 Menschen aus der Ukraine mit HIV leben und weist darauf hin, dass die bisherigen Mittel in der HIV/Aids-Bekämpfung dringend aufgestockt werden müssen, um diese Menschen mitzuversorgen und die HIV-Epidemie präventiv einzudämmen.

Bei der Aktivist*innengruppe BerLUN stand die Forderung im Vordergrund, für alle HIV-positiven Menschen mit russischsprachigem Hintergrund und mit Drogenerfahrungen eine Struktur zu schaffen, die diese Menschen auf direktem Weg erreicht, ihnen Halt und die notwendige medizinische Versorgung gibt. Hauptziele sind die Bekämpfung der Stigmatisierung und zielgruppenspezifische Präventions- sowie Behandlungsoptionen für Drogengebrauchende. Innerhalb der Community gibt es gute Vernetzungsansätze, die mit den medizinischen Strukturen zusammengeführt werden müssen, um die HIV-Epidemie eindämmen und stoppen zu können. Hierzu fordern die BerLUN-Aktivist*innen, in Gespräche und Entscheidungsprozesse von Behörden mit eingebunden zu werden um ihre jeweilige spezifische Expertise einbringen zu können.

Ähnlich äußerten sich auch die Aktivist*innen aus Uganda und weiteren Communities mit Migrationshintergrund. Der Zugang zur medizinischen Versorgung stellt auch für diese Gruppe weiterhin ein ernst zu nehmendes Problem dar. Während in Deutschland regulär Beschäftigte Zugang zur medizinischen Versorgung erhalten, gilt dies nicht gleichermaßen für Menschen mit Migrationshintergrund. Die Aktivist*innen kritisieren, dass Deutschland zwar ein Einwanderungsland ist, dem jedoch strukturell insbesonderen beim Arbeitsmarkt und der medizinischen Versorgung nicht Rechnung trägt. Als besondere Schwierigkeit heben sie hervor, dass es nahezu unmöglich ist, mit unzureichenden Sprach- und Bürokratiekenntnissen Zugang zum Arbeitsmarkt und damit auch dem Gesundheitssystem zu finden. Zudem würden vorhandene Qualifiktationen häufig nicht anerkannt. Vielfach bliebe so die Entscheidung zu treffen, entweder Asyl zu beantragen und nicht arbeiten gehen zu dürfen oder ohne legalen Aufenthaltsstatus und Sozialversicherung zu leben. Häufig erleben sie, dass medizinische Versorgung nur über die Mithilfe von Nichtregierungsorganisationen wie der Berliner Aids-Hilfe und engagierten Ärzt*innen und Kliniken möglich ist. Um diesen Zustand zu beenden fordern die Aktivist*innen Lösungsvorschläge aus der Bundes- und Landespolitik, um diese Barrieren zu überwinden.

Mit Blick auf die Präventions- Gesundheitsförderung für Menschen mit HIV oder Aids arbeitete die Berliner Aids-Hilfe im Gespräch mit Winnie Byanyima klare Ziele heraus: neben der Beseitigung des mit HIV einhergehenden Stigma wurden insbesondere die Ziele einer Prä-Expostionsprophylaxe für Alle, die Beseitigung der Preisstruktur für neue Medikamente, die Einbeziehung von Frauen in nationale HIV/Aids-Strategien sowie die Schaffung von Budgets für STI-Screenings bei Frauen benannt. So sei die Verschreibung der erfolgreichen HIV-Präexpostionsprophylaxe mit dem neuen Abrechnungsmodell ab Januar 2023 in ihrer Existenz bedroht. Die Bundesregierung müsse die Finanzierung regeln und sicherstellen. Ebenso verhindere das bestehende Preismodell durch den zu beweisenden Zusatznutzen den Marktzugang für neue Medikamente, die im Ausland bereits erfolgreich eingesetzt würden. Diese dürfen hierzulande jedoch nicht vertrieben werden, sofern sie keinen erwiesenen Zusatznutzen haben. In der Praxis werden behandlungsbedürftige Menschen mit Resistenzen so von lebensnotwendigen Medikamenten abgeschnitten, weil der Zusatznutzen zwar fehlt, das eigentliche Behandlungsziel jedoch auf Grund einer veränderten Wirksubstanz erfolgreich ist. Die Berliner Aids-Hilfe berichtete desweiteren, dass es an einer nationalen Strategie fehlt, um Frauen mit HIV oder Aids in bestehende Strukturen einzubeziehen. Der Verein fordert die Bundespolitik dazu auf, das Empowerment und die Präsenz von Frauen zu erhöhen, diese in Richtlinien und Strategien mit einzubinden sowie insbesondere ihre aktivistischen Strukturen finanziell zu fördern.

Im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung für Frauen müsse zudem das Screening auf sexuell übertragbare Infektionen (STI) auch über das 25. Lebensjahr hinaus als reguläres Angebot fortgeführt werden. Über 26jährige Frauen erhalten kein kostenloses, jährliches Screening auf Chlamydien und entsprechend werden vorhandene Infektionen aus medizinischer Sicht häufiger zu spät erkannt und diagnostiziert. Ein altersunabhängiges STI-Screening für Frauen muss daher zum Regelangebot gehören, da diese Untersuchungen auch dabei helfen, HIV und Aids einzudämmen und zu bekämpfen.

Zum Abschluss der Gespräche unterstrich UNAIDS-Exekutivdirektorin Winnie Byanyima die Wichtigkeit der Forderung der Berliner Aids-Hilfe „Include Uninsured & Undocumented People with HIV: Treatment & Care for All!“

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